Spricht man vom Mythos Kitzbühel, dann denkt man zuerst an die Streif. Wer sich vom Starthaus auf dielegendäre Strecke hinunterstürzt, den erwartet eine Abfahrt der Extreme. Das flößt allen gehörigen Respekt ein, und doch reagiert jeder Athlet anders, meint Michael Huber, Präsident des Kitzbüheler Ski Clubs (K.S.C.) und Chef des Organisationskomitees Hahnenkamm-Rennen.
Der Italiener Kristian Ghedina „plauderte und plapperte bis fünf Minuten vor dem Start“ gerade so, als ob er selbst gar nicht starten müsste – kein Wunder bei einem, der wegen einer Wette um eine Pizza und ein Bier im Zielsprung die Grätsche wagte. Fotos aus der Saison 1982/83 zeigen Franz Klammer und Leonhard Stock, wie sie sich die Wartezeit bis zum Start mit Kartenspielen verkürzen.
Andere Sportler, erzählt Huber, dürfe man eine Stunde vor dem Start kaum ansprechen, so sehr seien sie in ihre Konzentration versunken. Dabei gelingt manchen die Entspannung erstaunlich gut, wie einst den zwei Italienern Stefano Anzi und Giuliano Besson, die beim Meditieren einschliefen.
„Das will ich auch“
Kaum vorstellbar, dass das dem Liechtensteiner Marco Büchel passiert wäre. Den Riesentorlauf-Spezialisten packte beim Zuschauen im Zielraum 1999 das Streif-Fieber. „Ich wollte mir das Rennen einfach ansehen und auf gar keinen Fall selbst fahren. Ich dachte: ‚Ich bin zwar verrückt, aber nicht dumm.‘ Und dann war ich da unten im Ziel und wusste: ‚Das will ich auch.‘“ Ein Jahr später stand Büchel beim Abfahrtstraining selbst „mit zitternden Knien“ erstmals am Start, hörte einen Zuschauer rufen: „Schau dir den an, der ist ja ganz bleich!“, und ließ sich trotzdem auf den Höllenritt Streif ein.