Intensives Aufwärmen und gezieltes Ganzkörpertraining machen sich am Start bezahlt: Die Sportler müssen sich förmlich aus dem Starthaus katapultieren und innerhalb kürzester Zeit in eine aerodynamische Position finden. Diese Änderung der Biomechanik innerhalb von Zehntelsekunden lässt die Sauerstoffsättigung der Muskulatur zum ersten Mal leicht absacken, während der Körper in vier Sekunden auf bis zu 120 km/h beschleunigt.
Der Starthang ist nur 160 Meter lang, danach kommt bereits eines der ikonischsten Streckenstücke der Streif: die Mausefalle. Mit 85 % Gefälle ist sie der steilste Abschnitt, hier legen die Athleten mit bis zu 80 Metern den weitesten Sprung hin. In Kombination mit 6 Metern Luftstand und der folgenden Kompression ist die Landung eine der schwierigsten Situationen, die die Körper der Fahrer aushalten müssen. Hoher Muskeltonus und koordinatives Können sind gefragt, um aerodynamisch zu springen. Die Wucht der Landung entfesselt dann für den Bruchteil einer Sekunde Kräfte von bis zu 10 G, also der zehnfachen Erdanziehungskraft. Rücken-, Bein-, Rumpf- und Beckenmuskulatur müssen perfekt synergetisch trainiert sein, um dem standhalten zu können. Der Kopf drückt in diesem Moment mit 40 Kilo auf die Schultern, ohne ideal aufgewärmte Nacken- und Rumpfmuskulatur kaum haltbar. Das folgende Karussell, eine enge Kurve, bringt es immer noch auf bis zu 3 G Belastung.
Entgegen dem, was man als Laie erwarten würde, gibt es während dieser aufreibenden Passagen kaum Änderungen im Adrenalin- und Cortisolspiegel der Athleten. Der Grund: Der Pegel, mit dem sie ins Rennen starten, kann innerhalb der wenigen Sekunden nicht übertroffen werden. Beide Hormone haben hohe Halbwertszeiten und bleiben durchgehend auf einem ähnlichen Niveau.
Das Herz wortwörtlich noch höher schlagen lässt der anschließende Steilhang, der nur mit exaktem Timing zu bewältigen ist. Der rasche Rhythmuswechsel zwischen Be- und Entlastung macht sich in Herz-Kreislauf-System und Lunge bemerkbar, durch die aufeinanderfolgenden Schwünge schwankt die Oxygenierung der Muskulatur. Soll heißen: Während des Schwungs wird der Muskel kurzzeitig sauerstoffärmer, in der Entlastungsphase steigt die Sättigung wieder. In der Bewegung arbeiten sie außerdem konzentrisch und exzentrisch, verkürzen und verlängern sich also. Hier muss der Körper zur Energiegewinnung schon auf anaerobe Prozesse zurückgreifen, die Kraft wird ohne Sauerstoff erzeugt. Bei solchen Prozessen bildet der Körper Laktat, ein Stoffwechselprodukt, anhand dessen sich der Sauerstoffmangel im Gewebe messen lässt. Die Anforderungen des Steilhangs sorgen für eine erste Laktatspitze im Körper, die aber erst verzögert im Blut messbar ist. Über die gesamte Abfahrt hinweg sind, je nach Athlet, 60 bis 65 % der Prozesse anaerob und damit laktatfördernd.