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KitzRace

Hurra, die Gams

Vor der jubelnden Zuschauermenge die Gams in die Höhe halten zu können – das ist wohl der Traum eines jeden Athleten. Johannes Schroll kann sich dann schon zurücklehnen, seine Arbeit ist getan. Die Monate zuvor hat er die begehrten Hahnenkamm-Trophäen in feinster Handarbeit angefertigt. 

Blatt für Blatt trägt Johannes Schroll das Gold auf die Gams-Rohlinge auf. Unvorstellbar dünn, nämlich fünf- bis achttausendstel Millimeter, sind die Blättchen. Höchste Konzentration und Geduld sind da gefragt. Doch der staatlich geprüfte Restaurator hat das Prozedere perfektioniert. Seit 2002 ist er schon für die Herstellung der Gams-Pokale verantwortlich. 

Seine Werkstatt befindet sich im Neuwirtshof, dem Haus seines Großvaters in Kirchberg in Tirol. Wo früher im Stall Kühe gehalten wurden, restauriert Schroll jetzt Statuen, Möbelstücke und vieles mehr. Sein Beruf ist seine Leidenschaft. „Es fasziniert mich, etwas Altes und Demoliertes, das Geschichte in sich trägt, wieder in einen schönen Zustand zu versetzen.“

Die Gams macht Schule
Die Basis für die Gams-Pokale bilden die Rohlinge. Je nach Bewerb werden dafür unterschiedliche Materialien verwendet. Die Slalom-Gams besteht aus Hahnenkammstein, der Pokal für den Super-G aus Acrylglas. Besonders freut sich Schroll über die Zusammenarbeit mit dem Werkschulheim Felbertal. Die Schüler stellen nämlich den Rohling für die Abfahrts-Gams her. Diese besteht aus Mineralharzplatten. Schroll selbst besuchte schon dieses Gymnasium bei Salzburg und der heutige Lehrer, der die Herstellung anleitet, war auch damals sein Lehrer. 

Dann beginnt Schrolls Hauptarbeit: die Veredelung. Dafür verwendet er Blattgold, Blattsilber und Kupfer – je nach Rang. Die Herbst- und frühen Winterwochen stehen ganz im Fokus der Gams. Auf Weihnachten hin sollen sie fertig sein. 4,5 Kilogramm bringt die Abfahrts-Gams auf die Waage und ist stolze 75 Zentimeter groß.

Reserve-Gamsen
Insgesamt fertigt Schroll jedes Jahr neun Gams-Pokale. Vor ein paar Jahren hat der Zufall zugeschlagen: „Ich war während eines Rennens am Hahnenkamm Skifahren. Da hörte ich im Radio, dass es einen Ex-aequo-Sieg gibt.“ Schroll ist dann sofort in seine Werkstatt in Kirchberg geeilt. Seine Mitarbeiterin Romana hat währenddessen einen Rohling grundiert und er hat ihn, noch in seiner Skimontur, angeschossen. So nennt man das Anlegen des Blattgoldes. Mit einem Security hat er dann die noch nicht ganz trockene Gams zur Siegerehrung in den Zielraum gebracht. Seitdem hat er jeweils einen Reservepokal lagernd. Bis jetzt hat es dreimal Gleichplatzierte gegeben.

Johannes Schroll 

Der gebürtige Kitzbüheler arbeitet und lebt mit seiner Familie im nahe gelegenen Kirchberg in Tirol. Nach dem Werkschulheim Felbertal hat Schroll die Fachakademie Goering Institut in München besucht und die Ausbildung zum staatlich geprüften Restaurator absolviert. Seit 2002 stellt er die Gams-Pokale für die Hahnenkamm-Rennen her.

Die Slalom-Gams aus Hahnenkammstein rechts im Bild war eigentlich für Felix Neureuther bestimmt. Allerdings zerbrach sie ihm nach der Siegerehrung. Johannes Schroll fertigte ihm eine neue an und Neureuther schenkte ihm als Dank die zerbrochene zu seinem 40. Geburtstag. Der Gams-Pokal links besteht aus Lärchenholz und diente einige Jahre lang als Trophäe für die Kombination.

„Gerade in Kitz-bühel können sich die Leute fast alles kaufen, aber eine Gams eben nicht!“

Die Rohlinge für die Abfahrts-Gamsen werden von Schülern des Werkschulheims Felbertal gefertigt. Schroll selbst hat diese Schule schon besucht. Seine Hauptarbeit ist dann die Veredelung – je nach Rang mit Blattgold, Blattsilber oder Kupfer.

Familienangelegenheit
Schroll kommt aus einer Goldschmiedefamilie. Sein Vater hat schon 1974 die Gams-Pokale entworfen. Seitdem sind sie fast unverändert. „Ich hätte viele Freiheiten, aber die Form der Gams ist so schlüssig und elegant. Da braucht man nichts zu ändern“, erklärt Schroll. Tatsächlich sind die Trophäen einzigartig und der Wiedererkennungswert ist enorm. „Wenn man zum Beispiel Hermann Maier bei seiner Werbung im Fernsehen sieht, steht im Hintergrund die Gams und nicht die Olympiamedaille.“

Auch sein Bruder Christopher ist Teil des Gams-Teams. Der Goldschmied hat den Betrieb des Vaters übernommen und fertigt die Gravuren für die Pokale an. Diese sollen übrigens heuer erstmals personalisiert sein – also mit den Namen der Gewinner.

Unverkäuflich
Für eine Gams hätten ihm private Sammler schon beträchtliche Summen geboten. Der vor allem ideelle Wert ist enorm. Aber das lehnt Schroll entschieden ab: „Gerade in Kitzbühel können sich die Leute fast alles kaufen, aber eine Gams eben nicht!“ Die Einzigartigkeit der Pokale ist ihm wichtiger als der finanzielle Gewinn.

In Schrolls Werkstatt finden sich Gemälde in antiken Rahmen, Kommoden mit aufwendigen Einlegearbeiten und Heiligenstatuen. Der Großteil der Aufträge kommt aus Österreich und Bayern. Er hatte aber auch schon Kunden aus Schottland oder Mexiko. Das teuerste Stück, das Schroll restauriert hat, war ein Sofa im Wert von 40 Millionen Dollar. Deshalb gehört auch eine Alarmanlage
zum Inventar hinter den dicken Bachsteinmauern.

Regionalität und Nachhaltigkeit sind für den Restaurator übrigens nicht nur bei den Gamsen wichtig. Wo früher die Küche und Stube des Neuwirtshofes waren, betreibt der Restaurator heute einen umfangreichen Hofladen. 

Nervenkitzel
Aufregend wird es für Schroll dann bei den Rennen Ende Jänner. „Wer bekommt meine Gams?“ Die Abfahrt schaut sich der Künstler immer live in der Zuschauermenge an. Das taugt ihm. Den Slalom verfolgt er lieber im Fernsehen. Ein kleiner Nervenkitzel ist dann die Siegerehrung nach dem Slalom, denn die Slalom-Gams ist aus Stein. „Man weiß nie, wo die Bruchstellen sind. Es ist halt einfach ein Naturprodukt.“ Zweimal hat auch die Splitterschutzfolie nichts genützt und sie ist gebrochen. „Zum Glück aber erst nach der Siegerehrung“, lacht Schroll. Die Sieger bekamen Ersatz-Gamsen und die gebrochene Gams von Felix Neureuther steht jetzt als Ausstellungsstück in seiner Werkstatt.

Fotos: Gerhard Berger, WWP/Studio Fasching/Tobias Sagmeister